SÜDFENSTER ST NIKOLAI PRITZWALK

1. Platz

farbige Glasfenster mit thermischer Verformung

Neugestaltung der Südfensters der St. Nikolaikirche in Pritzwalk (Brandenburg)

Nichtöffentlicher einphasiger Wettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren

Auftraggeber: Kirchengemeinde St. Nikolai Pritzwalk

2023

Südfenster: 810 x 225 cm

Finanzieller Rahmen: 100 000 €

Partner: Glasstudio Peters Paderborn

Der Entwurf für das Südfenster beschreibt im Motiv die wachsende Linde über einem zerbrochenem Gebälk. Der Baum ist über den oberen Teil des Fenster in grünem Astwerk angelgt. Das Gebälk und die Zerstörung verschwindet je nach Position hinter und unter der Empore. Die möglichen Handläufe und Absturzsicherungen der Treppe integrieren sich im Außenbild in der Gewirr des gezeichneten Gebälks. Aus dem unterem Kirchenbereich und somit auch während des Gottesdienstes oder einer Andacht dominiert das hoffnungsvolle Geäst der Linde, durchbrochen von gelben Sonnenflecken.

In der Nähe zum betrachtenden Fenster löst sich die Form von Baum und Gebälk zu einem abstrakten Lichtspiel auf. Die Farben und das flirrende Licht der Absenkungen beherrschen das Bild. Die Sonne tanzt mit ihren bunten Reflexen durch den Raum und über den Besucher und schafft so einen athmosphärischen Umraum. Der Entwurf ruft dazu auf, die Dinge in etwas Distanz und Entfernung zu betrachten und in der Nähe verspielt den Emotionen und der Transzendenz Raum zu geben.

Die verwendeten Bilder – eine Linde, die Hoffnung eines erwachsenden Baumes, ein Weg der in die Kirche führt – sind für alle Besucher als Botschaft ersichtlich und erkennbar. Die Linde, der Baum löst sich in persönlichen Betrachtungserfahrungen vom christlichen Kontext und kann so zu einer Identifikation für Jeden werden, unabhängig von Kultur und Herkunft.

Der Entwurf greift im Grundton die Farben der Stadt: Rot und Grün wieder auf und soll so eine Identität und einen Bezug zur Stadt und der Region herstellen. Der Rotton orientiert sich in der Farbauswahl am bereits verwendeten Rot der umliegenden Fenster. Die rote schmale Rahmung der umliegenden Fenster wird partiell im Entwurf wieder aufgegriffen. Als zusätzliche akzentuierend Farben werden Gelb und Schwarz verwendet. Die Farbe Schwarz durchbricht die transparenten Flächen und wirkt formal der äußeren sakralen Strenge entgegen. Die Farbwahl von Grün und Gelb soll Lebendigkeit und Freude in den Raum transformieren, jedoch zugleich warm und ausgewogen wirken. Diese Farben sind es auch, die man unterhalb der Empore als Kirchenbesucher hauptsächlich wahrnimmt. Erst mit dem Aufstieg zur Empore ergibt sich das tiefe Rot und Schwarz im unteren Bereich und die symbolische Überwindung dessen.

Das Fenster selbst besteht aus zwei hintereinanderliegenden Scheiben. Auf der inneren Scheibe befindet sich der Farbauftrag und das Motiv. Die Äußere Scheibe ist durch thermische Absenkungen ausgestaltet.

Diese Absenkungen sind so angelegt, dass sie zum einem die Viergliedrigkeit der ursprünglich Gestaltung von vor 1945 aufgreifen und zum Anderen einen Raum beziehungsweise eine Weg beschreiben. Der Weg ist die mögliche Weiterführung des Weges auf dem Kirchenvorplatz vom Marktplatz in die Kirche hinein. Die Absenkung wird in ihrem Lichtspiel unterschiedlich stark vom Sonneneinfall betont, versucht aber in ihren zarten Konturen einer alten Bleiverglasung gerecht zu werden. Die Linienführung soll die aufstrebende Architektur der Kirche aufgreifen, sich aber zugleich dem Mauerwerk unterordnen. So zeichnet die Absenkung einen Weg in die Kirche, fordert ihn aber von den Stadtbesuchern nicht ein.

Von Außen betrachtet erkennt man ohne Licht im Inneren die opaken Schwarztöne und die Abzeichnungen des dunklen Grüntons. Die leichten Streben und Punktierungen lassen das Fenster von außen verspielt erscheinen und wecken Neugier für das Innere.

Das Südfenster wird durch drei senkrechte Hauptsprossen strukturiert. Die ursprüngliche Viergliedrigkeit mit den Spitzbögen erscheint Innen wie Außen als Schattierung. Diese alte Gliederung ist bewusst zurück genommen um die Geschichte des Fensters aufzugreifen, dem Vergangenem aber nicht zu viel Raum zu geben. Die Viergliedrigkeit wird Innen durch bewusste transparente Auslassung im Bildmotiv nachgezeichnet und Außen durch die Absenkungen aufgegriffen.